
FLORA Herrschaft
Der Foresta – ein weißer Regenwald, der die unterschiedlichsten Pflanzen beherbergt. Wunderschön sind sie, doch genauso tödlich. Zeigen Menschen in ihrer Gegenwart Emotionen, verfärben sie sich; und locken fleischfressende Pflanzenmonster an.
Das Leben der sechzehnjährigen Valerie wird von den Regeln der Götter bestimmt. Die Gemeinschaft steht über dem Individuum. Wer seine Gefühle nicht unterdrückt, gefährdet das Dorf. Als bei ihrem Bruder die Magie erwacht und er zum Kontrolleur erhoben wird, wird sie von ihren Emotionen überwältigt und anschließend verbannt. Nach sieben Tagen in der Wildnis darf sie zurückkehren. Doch niemand überlebt allein im Foresta, denn hier herrschen die Pflanzen. Angezogen von ihren Gefühlen, machen sie Jagd auf Valerie. Wird sie den Kampf ums Überleben gewinnen und in ihr altes Leben zurückfinden?
Eine fantastische Dystopie ab 14 Jahren.
Taschenbuch: 17,99€
E-Book: 6,99€
Nervös trotte ich Adelyna hinterher. Meine heutige Partnerin fliegt regelrecht durch den Regenwald. Wie gelbe Sonnenstrahlen tanzen ihre blonden Haare durch das fahlweiße Gestrüpp des Foresta.
Wir bezeichnen den Foresta als Regenwald, weil Hitze und Regen so rasant wechseln. Im einen Sonnenstrahl brütest du unter der heißen Sonne, im nächsten wirst du nass bis auf die Haut. Das perfekte Wetter für die Bewohner und Herrscher dieses Waldes: die Pflanzen.
Ihr Rascheln und Wispern vermischt sich zu einem Rauschen, das an meinen Nerven zerrt. Ich fühle mich wie ein zu fest geknüpftes Seil in einem Netz. Als könnte ich jederzeit zerreißen.
Ich kämpfe mich mit meiner Machete durch das Gewirr aus weißen Blüten, Blättern und spitzen braunen Ästen. Die Zweige verheddern sich in meinen schwarzen Locken.
Ich reiße den Kopf hin und her, um mich zu befreien. Das Ziepen und Zerren treibt mir Tränen in die Augen. Doch ich höre nicht auf. In Bewegung zu bleiben, ist das Einzige, was in dieser Situation hilft. Und Ruhe zu bewahren.
Letzteres fällt mir am schwersten. Ich weiß genau, warum mich die Pflanzen angreifen. Mein Sensus bebt unaufhörlich.
Im Sensus sitzen unsere Gefühle. Um zu überleben, müssen wir ihn verschlossen halten. Und genau da liegt das Problem. Statt mit meinem sechzehnten Lebensjahr die Kontrolle über meinen Sensus erlangt zu haben, fällt es mir mit jedem Sonnentag schwerer, meine Gefühle zu unterdrücken. Sie brechen hervor wie die Wurzeln eines Baumes beim Wechseltag. Nur dass ich in diesem Wald keinen neuen Platz finde, sondern gefressen werde, wenn meine Stimmungen an die Oberfläche kommen.
Die rötlich schimmernden, herzförmigen Blätter der Mondblüten spiegeln die Unfähigkeit, meine Emotionen zu kontrollieren, wider. Mit Wucht schlage ich auf die Pflanze ein. Die Blüten färben sich dunkelrot. Schreiend lasse ich die Machete sinken. Es hat keinen Sinn. Hier herrschen die Pflanzen und ich bin die Beute.